Das vierte Vierteljahr der Gärtnerin

Liebe Leserschaft,

nach den vielfältigen Frühjahrsarbeiten und den zum Teil anstrengenden Pflege- und Ernte-arbeiten im Sommer, haben die Gärtnerinnen in der Gärtnerei Gairing kurz innegehalten und darüber nachgedacht, dass es im Herbst wohl ein wenig entspannter werden könnte.

Aber – Ausräumarbeiten, Bodenbearbeitungsarbeiten und Vorbereitungen für die fast fünf monatige Winterszeit halten die Betriebsangehörigen in Atem.

Seit über 40 Jahren wird in der Gärtnerei Gairing der Kulturboden in den Gewächshäusern alle zwei Jahre im Herbst  gedämpft. Manche Mitmenschen haben davon schon etwas gehört, andere werden hellhörig: was gedämpft?  Jawohl, die Bodendämpfung ist ein physikalisches Verfahren des vorbeugenden Pflanzenschutzes. Bei diesem Verfahren wird heißer Wasserdampf in den Boden eingeleitet, um im Boden lebende schädliche Mikroorganismen und Samen von Wildkräutern oder Schnecken und deren Eier durch Hitze abzutöten. Diese Bodenbehandlung ist zeitaufwendig und kostenintensiv.  Das Verfahren ist in biologischer Hinsicht eine Teilentkeimung. Wichtige hitzebeständige, sporenbildende Bakterien beleben nach der Abkühlung wieder den Boden. Bodenermüdung wird durch die Freisetzung von blockierten Nährstoffen begegnet. Dämpfen führt nachweislich zu einer besseren Startposition und schnellerem Wachstum der Pflanzen, wobei deren Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen gestärkt ist. Die Anwendung von Heißdampf gilt heute sowohl bei den Praktikern als auch bei den Forschern übereinstimmend als das beste und wirksamste Mittel zur Hygienisierung von Böden, Anzuchterden und von Komposten.

Bis vor drei Jahren wurden die Dämpfarbeiten mit einem eigenen „Dämpfer“ gemacht. Als dieser nun nach 30 Jahren seinen Geist aufgegeben hat, haben die Gärtnerinnen dieses Jahr beschlossen, mit einem Mietgerät zu arbeiten. Das hört sich super an, aber drei Wochen lang mußten jetzt im Frühherbst die Gärtnerinnen auf die Dämpfapparatur mit ihrem ganzen technischen Gerät warten, weil halt vor dem Wintereinbruch viele dämpfwillige Betriebe  ein Mietgerät bestellt haben. 

Aber –  außer warten kann man noch vieles andere in einer Herbstgärtnerei machen: die Ausräumarbeiten fortsetzen, die Gewächshaustische akkurat säubern, die Glasflächen an den Gewächshäusern innen und außen durch abspritzen reinigen, Aussaaten von unempfindlichen „Winter-Salaten“ wie Winterpostelein, Asia-Salate, ………….   vornehmen. Wichtige ausdauernde Kräuter im Topf werden zurückgeschnitten. Die Blumenbeete vor den Gewächshäusern werden abgeschnitten und dann wollte man noch vor allem im Herbst den riesigen Komposthaufen umsetzen, wenn nur die richtigen Räder des nagelneuen Schmalspurtraktors schon geliefert worden wären. Ja – auch in der Gärtnerei spürt man die Lieferschwierigkeiten, nicht nur in der Chips-Industrie, im Modehandel, bei den Waschmaschinen, Fahrrädern oder Laptops. Um Ihnen nicht noch weiter Angst zu machen, höre ich mit der Aufzählung jetzt lieber auf und wir konzentrieren uns auf die weiteren Arbeiten der Gärtnerinnen in den Wochen vor Weihnachten:

Also – der Dämpfer läuft.  Über 100 qm, also 1 ar kann dieser Mietdämpfer auf einmal sterilisieren. Die verantwortliche  Gärtnerin im Betrieb ist geschult, und gekonnt prüft sie nach zweidrittel der Dämpfzeit die erforderliche Bodentemperatur von 85 ° C. Nach der Dämpfung kann  sofort mit dem Anbau auf dieser Fläche begonnen werden. Da werdendann Ackersalatjungpflanzen aufgestellt oder die „Aussaat“-Gärtnerin sät Spinat, Koriander oder Mangold und  Rote-Bete-Blätter.  Haben wir dann Ende Oktober und Anfang November ein paar sonnige Tage, so erwärmt sich die Luft im Gewächshaus genügend und es kommt zur schnellen und sicheren Keimung. Die Jungpflänzchen wachsen bis Mitte November noch einigermaßen flott. Wohlgemerkt, in den ungeheizten Kulturhäusern. Den Ackersalat können dann die Helfer im Betrieb bis vor Weihnachten ernten.  Spinaternte ?   Vielleicht oder vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall wachsen diese jungen Winterkulturen ab Mitte Februar flott weiter. Denn dann haben wir wieder genügend Licht für ein rasches Spätwinter-Wachstum.

Und jetzt noch ein paar Sätze zur wichtigsten Salatkultur im Herbst und Winter in der Gärtnerei Gairing –  dem Ackersalat, oder Nüssli-Salot, wie die Schweizer sagen. Oder Vogerlsalat, so sagen die Tiroler . Oder Sunnewirbeli sagen die Badener und die Hochdeutschen sagen Feldsalat. Schon an der Namensgebung merkt man, der Ackersalat war bei unseren Vorfahren einer der wichtigsten Vitaminbringer im kalten Winterhalbjahr. Ur-Ur-Großmutter hatte nicht die Möglichkeit, das fast überbordende Grünangebot aus Südeuropa zu Weihnachten oder im Januar und Februar zu nutzen. Da hieß es für die Kinder, sucht mal auf dem Acker das frostharte Salatgrün, wenn‘s nicht gerade bockelhart gefroren war. 

Um am Verkaufstand der Gärtnerei Gairing im Winter ein gleichmäßig starkes Angebot an Ackersalat bieten zu können, liefert eine Jungpflanzengärtnerei aus der Region jede Woche entsprechende Ackersalatjungpflanzenkisten an. Jede Woche werden je nach Platzbedarf diese Jungpflänzchen auf Gewächshaustischen oder auf dem gedämpften Grundbeet in den Gewächshäusern aufgestellt. Aus Erfahrung können die  Gärtnerinnen in der Gärtnerei Gairing den Erntezeitpunkt auf die Woche genau voraussagen. Wachstumsschwankungen gibt es natürlich auch im Winter. Aber der Feldsalat kann auch mal etwas kleiner oder etwas größer geerntet werden. Freiland-Ackersalat bauen wir seit vielen Jahren nicht mehr an – zu abhängig ist man von der Witterung: wenn 10 cm Schnee auf den wertvollen Blättchen liegen oder es die Temperatur wochenlang nicht über die Frostgrenze schafft, könnten wir märktelang keinen Ackersalat anbieten, da er nicht geerntet werden kann. Doch dadurch, dass wir einen Teil in den ungeheizten Gewächshäusern anbauen, kommen wir den Freilandgegebenheiten sehr nah.

Die Dezembertage sind bis kurz vor Weihnachten noch sehr umtriebig in der Gärtnerei. Die Handelsware nimmt naturgemäß zu. Sie muss sorgfältig aufbereitet werden und die Gärtnerinnen strengen sich noch einmal gewaltig an, dass jede Kundin und natürlich auch jeder Kunde sein Gemüse und den Salat und dieses Obst bekommt, welches er einkaufen will oder gar schon bestellt hat. 

Bei all diesen Anstrengungen und der Konzentriertheit brauchen dann die Gärtnerinnen ein paar Wochen Auszeit. Alle habe diese dann nach Weihnachten – zum Ende des Dritten Vierteljahres der Gärtnerinnen -mehr als verdient.

Seniorgärtnermeister JDG

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